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So isst man in Gambia

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Reis, Reis, Reis. Beginnen wir die Story mit einer wahren Begebenheit. Als ich einmal nach Deutschland flog, setzte sich ein Ehepaar in die Reihe vor mir. Sie ließen sich in die Sitze fallen mit den Worten: „Gott sei dank, nie wieder Reis.“ Ich grinste vor mich hin, denn auch ich versuche außerhalb Gambias auf Reis zu verzichten. Wenn Gambier für dich kochen, gibt es in der Regel Reis mit Soße. Irgendwie kann man es ja verstehen. Reis macht satt, ist relativ nahhaft, Reis ist im Verhältnis zu anderen Lebensmitteln günstig, und wenn du dann auch noch den hier so beliebten Bruchreis nimmst, dann wächst die Menge explosionsartig im Topf an. D.h. von einer kleinen Menge Reis können viele Mägen satt werden.

Ok, das zu den Basics. Doch was dazu? Die meisten essen aus Kostengründen Fisch zum Reis. Ein Kilogramm Fleisch kostet genauso viel wie in Deutschland, so kann sich jeder selbst ausrechnen, wie oft ein Arbeiter mit 30-50€ Gehalt im Monat wohl Fleisch essen kann. Übringens habe ich hier noch nie Lamm- oder Kalbfleisch gesehen. Die Kleinen werden hier nicht geschlachtet. Dafür aber die alten Kühe oder Bullen, das dann manchmal bedeutet, 4 Stunden Fleisch vorkochen. Wohl dem der einen Schnellkochtopf hat.

Da ist Fisch mit einem Euro pro Mahlzeit schon billiger. Doch Fisch ist nicht immer verfügbar. Warum das so ist, könnt ihr meinem Artikel „Armut! Schicksal oder Absicht?“ entnehmen. Dieser Fisch hier hätte übrigens 50€ gekostet. Ist schon toll, den Fisch so direkt aus dem Meer auf den Teller zu bekommen.

Nun zum Gemüse. Zwar ist alles frisch auf dem Markt und in der Regel auch aus lokalem Anbau, aber leider hat es sich noch nicht überall herum gesprochen, dass der chemische Dünger zwar die Pflanzen besser aussehen lässt, doch leider nicht so gut für die Gesundheit ist.

In unserem Bekanntenkreis ist passiert, dass mehrere Frauen gemeinsam in ihren Garten gegangen sind und dort an ihren Beten gearbeitet (gedüngt) haben. Der Dünger sieht ähnlich aus wie Zucker und eine andere Sorte wie Hirsekügelchen. Sie nehmen ihn in die Hand und streuen ihn dann über ihre Bete bevor sie die dann umgraben. Dann rief eine Frau die anderen zur Pause, und wie in Gambia üblich essen viele ihren Reis mit der Hand. Eine der Frauen, die sich wohl nicht richtig die Hände gewaschen hatte, ist nach heftigen Bauchschmerzen am selben Tag noch gestorben, obwohl sie jung, fit und gesund war. Der Dünger ist hoch giftig und stellt auch für die Kinder eine Gefahr dar. Gerade letzte Woche ist ein 5-Jähriger gestorben, weil er Soda aß, das seine Mutter für die Seifenherstellung verkauft. Dieses Soda sieht aus wie Jogurt. Glücklich ist, wer einen eigenen Garten hat und dort sein Gemüse genaus so anbauen kann, wie er möchte.

Eine andere auch nicht zu unterschätzende Gefahr sind die Zusatzstoffe, die die Gambierinnen für die Zubereitung ihres Essens verwenden. Neben den Maggi-Würfeln, die noch am besten sind, gibt es unzählige andere Mixturen, die schlicht und ergreifend sehr ungesund sind. Die Ärzte warnen über die Medien sehr intensiv vor der Einnahme dieser Substanzen, doch die meisten wollen nicht darauf verzichten, weil sie es so gewohnt sind. Zusammen mit dem sehr scharfen Pfeffer löst der Inhalt dieser kleinen Tütchen, die es in verschiedenen Sorten und Farben mit den schönen Namen Jumbo oder Aja etc zu kaufen gibt, nicht selten Magengeschwüre aus. Viele Mädchen in den Klassen meiner Kinder haben schon Magengeschwüre und leiden bei jeder neuen scharfen Soße, die sie sich auf dem Markt der Schule kaufen. Und dennoch wollen sie es nicht lassen.

Wenn dann doch einmal eine Tochter auf die Idee kommt, die Zusatzstoffe zu lassen, muss sie für sich alleine kochen und wird ausgelacht, dass sie Essen für Kranke kocht etc. Auf dem Gebiet der gesunden Ernährung gäbe es noch viel zu tun. Mal abgesehen von diesen unschönen Nebenerscheinungen werden dann aber doch sehr schmackhafte Gerichte gekocht. Meistens auf Geräten wie diesen.

    

Die mittlere Kochstelle wurde aus einer Autofelge hergestellt.

Da es Erdnüsse in Hülle und Fülle in Gambia gibt, sind sie in vielen Gerichten enthalten. Das gambische Nationalgericht beispielsweise heißt Domoda und ist ein Gulasch mit Erdnusssoße. Mein persönlicher Favorit, weil die Süße der Erdnüsse so fantastisch mit dem Fleisch- und Tomatengeschmack harmoniert. Auch lecker ist der Erdnußreis, der genauso wie Milchreis gekocht wird nur mit Erdnußpulver. Ein sehr einfaches aber auch tolles Essen ist Njangkatang. Reis mit Rauchfisch, Erdnußpulver und Okra. Aber auch in einige andere Soßen wird zusätzlich noch Erdnußpulver zugegeben. Soßen mit grünen Blättern (von Cassava oder Süßkartoffeln oder auch Moringa) und Fleisch, ein wenig Trockenfisch und dem Erdnußpulver heißen Plazas.

Das wohl bekannteste Gericht für die Gegend hier ist der berühmte Wollof-Reis (Bena-chin = Ein-Topf). Ein Risotto, bei dem erst viele verschiedene Gemüse und Fisch/Huhn/Fleisch angebraten werden und dann mit dem verbleibenden Öl und Wasser der Reis aufgekocht wird, gerne auch mit Tomatenmark, damit er rot wird. Wenn der Reis fertig ist, werden die gebratenen Zutaten wieder dazugelegt und fertig. Dieses Gericht kochen wir auch immer für unsere Charityessen, da es sich am besten verpacken lässt. Für 150€ können wir etwa 100 Portionen für Arme kochen, da ist die Freude bei den Empfängern immer groß. Wenn bei uns gekocht wird, achten wir natürlich sehr darauf, dass es frei von allen Zusatzstoffen ist. Sofern vorhanden nutzen wir dann gerne stattdessen das arabische Siebengewürz, dass hier sehr gut ankommt.

Kommen wir nun zum Frühstück. Wer es sich leisten kann, isst Baguette zum Frühstück. Ein Baguette kostet 15ct. Das klingt zwar nicht viel, aber für eine große Familie mit vielen Familienmitgliedern geht es dann doch schon ins Geld. Das Interessante ist, dass sie ALLE nur entweder Butter oder Mayonnaise oder Schokolade auf ihr Brot machen. Wenn wir sie zu Käse oder Marmelade einladen, wollen sie es nicht, weil sie es nicht kennen. Auch sehr beliebt sind kleine Falafel mit Zwiebelsoße aufs Brot, aber die Verkäuferin musst du erst einmal finden. Sie verkaufen am Straßenrand und sind mal hier und mal da. Aber auch hier kannst du in die Jumbo-Falle tappen. Übrigens das Brot, von dem ich hier spreche heißt Tapalapa (übersetzt: mit Füßen gemacht!) Nun ja, heute wohl hoffentlich nicht mehr, auch hier gibt es Teigknetmaschinen.

Wer sich die Brote jeden Morgen nicht leisten kann, isst Mono. Ein Brei aus einer Hirseart. Das Getreide heißt Kinto und wird nach dem Ernten und Säubern zu Mehl gemahlen und dann mit kleinen Wassermengen solange in der Hand gedreht bis wieder kleine Kügelchen entstehen. Diese werden dann getrocknet und gelagert. Bei Bedarf kochen wir sie dann mit viel Wasser und schmecken sie mit Milch oder Jogurt und Zucker ab. Sehr lecker und sehr gesund. Übrigens gibt es bei vielen Familien jetzt die Tendenz das Mittagessen erst gegen fünf Uhr zu essen, so können sie eine Mahlzeit sparen. Viele Kinder essen auch die Reste vom Vortag dann als Frühstück. Die Schulkinder lieben es, wenn die Eltern ihnen statt Frühstück 20ct mit zur Schule geben, so können sie sich bei den Marktfrauen etwas kaufen, aber ob das alles so gesund ist?

Doch auch sehr schöne Säfte gibt es hier. Angefangen bei meinem Lieblingssaft dem Baobab, dessen Fruchtbrocken erst eingeweicht werden, dann die Kerne entfernt und anschließend mit Milch und Zucker abgeschmeckt. Für mich unverständlich warum einige Frauen hier noch Limonadenpulver oder Bananen-Essenz zugeben müssen. Der Baobab-Saft enthält sehr viel Vitamin C. Hier geht das Sprichwort um, genau wie in Europa mit dem Apfel, „one Baoboab-Juice a day, keeps the doctor away“. Ähnlich verhält es sich mit dem Wonjor-Saft. Das ist ein roter Tee (ähnlich dem Hibiskustee), den man sowohl kalt als auch heiß trinken kann. Beide Säfte sind sehr sauer, aber gesüßt eine herrliche Erfrischung. Die Marktfrauen füllen die Säfte in kleine Plastiktüten und frieren sie dann für die Kinder zu Eis. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Überhaupt gibt es hier so viele interessante Früchte. Tallo z.B. ist eine kleine runde, grüne und harte Frucht mit einer braunen Schale. Eignet sich auch gut zum Saft machen. Die Stachelannone (u.r.) soll ja das Nr. 1 Superfood gegen Krebs sein, Orangen soweit das Auge reicht, Bananen sehr klein, aber sehr süß und natürlich Mangos. Zwei Mangos gegessen und du bist so satt, dass du kein Mittagessen mehr brauchst. Oben rechts die Kabba, sehr sauer, aber den Kindern gefällt es. Wir essen sie mit Zucker, die gambischen Kinder würzen sie oft mit Salz und Pfeffer! Die linken Früchte sind aus unserem Garten. Die anderen beiden haben wir auch gepflanzt, die sind aber noch nicht so weit. Unsere zwei Guavenbäumen beliefern uns in der Regenzeit auch üppig mit Guaven.

Nicht zu vergessen die vielen Wassermelonenverkäufer, die kurz nach der Regenzeit an jeder Straßenecke, im wahrsten Sinne des Wortes ihre Zelte aufschlagen. Äpfel hingegen sind Importware aus Marokko und kosten 50ct pro Stück. Ananas gibt es hier auch überall und frisch schmecken sie schon anders als aus der Dose. Nicht zu vergessen die kindskopfgroßen Butter-Avocados, die so cremig sind wie keine anderen.

 

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