Zum Inhalt springen

Der Reis-Fonds

  • Suraya 
Unsere Witwen beim Reis kochen

In Gambia gibt es weder eine Witwen- und Waisenrente noch sonst irgendeine andere staatliche Versorgung für Witwen oder alleinstehende Frauen. Stirbt ein Mann einer jungen Frau, hat sie meist noch viele kleine Kinder, die sie versorgen muss und daher nicht arbeiten kann. Ältere Witwen verlassen sich da meist auf ihre erwachsenen Kinder, doch auch sie arbeiten oft aus Gründen fehlender Bildung nicht, oder sie schaffen es gerade so, ihre eigenen Kinder zu ernähren. So erklärt sich die Armut speziell bei den Witwen.

Warum das Reis-Projekt so wichtig ist

Kaddy J. ein Beispiel von vielen

Kaddy’s Mann ist vor vielen Jahren gestorben und ihre Schwester und deren Mann vor ca. fünf Jahren. Seitdem kümmert sie sich hingebungsvoll um die drei Kinder (8,10,14) der Schwester. Sie selbst ist schon älter, Analphabetin, krank und auf einem Auge blind. Sie bekam ein Jahr lang von einem Sponsor einen monatlichen Reissack. Nach Beendigung der Reis-Patenschaft war sie so verzweifelt, dass sie nicht mehr wusste, wie sie die Kinder ernähren sollte. Sie glaubte die Information unserer Sekretärin nicht und wollte es von mir oder meinem Mann hören. Mein Mann rief sie dann an und erklärte es ihr. Sie verstand es und entschuldigte sich.

So oder so ähnlich geht es bei uns öfter zu. Manche bleiben den ganzen Tag im Büro sitzen in der Hoffnung, uns zu sehen und anzuflehen, auch wenn bekannt ist, dass wir wegen Terminen außerhalb nicht kommen werden.

Die Witwen und andere Bedürftige verlassen sich so sehr auf den Reis von uns, weil sie sonst hungern würden. Die Zutaten zum Essen bekommen sie aus ihrem Garten, von Freunden oder Nachbarn, aber für den monatlichen Sack Reis, der genauso viel Wert ist wie ein Monatsgehalt eines Arbeiters oder die monatliche Miete einer Einzimmerwohnung, reicht es eben einfach nicht.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Witwen-Reis-Projekt-1024x1024.png

Zur Geschichte des Reis-Projekts

Die Idee hatten wir 2016, als uns bewusst wurde, wie schlecht es den Witwen und Geschiedenen in Gambia geht. Zu diesem Thema sind bereits 3 Artikel auf unserem Blog erschienen. Hier der letzte Artikel zum Thema.

Wir rührten die Werbetrommel, und als die ersten Zahlungen im August 2016 eingingen, konnten wir im September 2016 schon 13 Witwen einen Sack Reis schenken. Damit war das Projekt geboren. 

Seitdem haben wir monatlich Bedürftige mit einem Sack Reis unterstützt, meistens bis zu ihrem Tod, oder bis sie selbst wieder auf eigenen Beinen stehen konnten. Zur Zeit unterstützen wir 200 Bedürftige mit Reis. Weitere 200 Hilfesuchende, meist Frauen, sind schon für neue Reissäcke registriert und warten auf ihre Chance, 57 stehen noch auf der Warteliste.

Bisher haben wir die Reiswitwen immer 1:1 an die SponsorInnen vermittelt. Doch in Zeiten der Krise fällt einigen das regelmäßige Spenden schwer. 

Währungen und Preise

Auch der schwankende Dalasi-Kurs und der ständig steigende Reispreis machen uns mitunter das Leben schwer. Bis jetzt konnten wir es immer ausgleichen, und wir mussten den Reispreis seit 2016 nicht erhöhen. Aber jetzt scheint sich eine Tendenz zu entwickeln, dass der Reispreis dauerhaft hoch bleibt und der Dalasi sein längerem auf Talfahrt ist. Deswegen haben auch wir jetzt den Preis auf 35€ pro Reissack erhöhen müssen. Schweren Herzens, denn ich weiß, dass sich auch bei einigen SpenderInnen die Inflation im Geldbeutel bemerkbar macht. Wir rechneten mit dem Ende einiger Patenschaften, aber auch wir sind gegenüber den Preissteigerungen machtlos. Und tatsächlich, nach Bekanntgabe der letzten Reis-Preiserhöhung sind bis jetzt einige SponsorInnen abgesprungen.

Wie kommt das Geld nach Gambia?

Unsere Spenden werden ausschließlich auf unser deutsches Spendenkonto überwiesen. Jeweils zum Monatsende überweise ich das Geld vom deutschen auf das gambische Konto. Glücklicherweise haben wir jetzt einen direkten Weg gefunden, denn die Bargeldsendungen sind so teuer, dass es fast günstiger ist ein Ticket zu kaufen und das Geld persönlich abzuholen.

Wie bekommt die Witwe ihren Reis?

Doch wie kommt eigentlich die Witwe zu ihrem Reis? Da viele SponsorInnen keine Vorstellung haben, wie das eigentlich genau funktioniert, kommt jetzt eine kurze Erklärung. 

Eine bedürftige Witwe kommt in unser Büro und fragt nach Unterstützung. Zur Zeit setzen wir ihren Namen auf eine Warteliste, da ich noch ca. 200 registrierte Witwen zu vermitteln wünsche, die noch auf einen monatlichen Reissack warten. Insgesamt unterstützen wir 497 Familien mit den unterschiedlichsten Problemen.

Interessanterweise ändert sich seit einiger Zeit die Zahl der Bedürftigen. Waren es früher ausschließlich Witwen, kommen jetzt auch sehr viele Geschiedene, Frauen mit kranken, arbeitsunfähigen Ehemännern und sogar Männer selbst. Das ist eine sehr große Veränderung, denn bisher waren Männer sehr beschämt, wenn sie ihre Familien nicht ernähren können und trauten sich nicht zu uns.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist 2b5945c2-070f-45fa-9b07-0dd244df6809-1024x1024.jpg
Reisempfänger in Prozent

Wenn wir die Bedürftigen registrieren, füllen meine Mitarbeiter mit ihnen einen Fragebogen aus. (Alter, Anzahl der Kinder, welche Probleme vorliegen und wie sie bisher ihr Leben finanziert haben). Um vollständig registriert zu werden, brauchen sie ein Passfoto, die Sterbeurkunde des Mannes, und wir machen ein digitales Foto für die Sponsoren.

Wenn die Antragsteller im Ort bekannt sind, können wir auch auf die Sterbeurkunde verzichten, denn die gibt es nur, wenn die Person im Krankenhaus verstorben ist. Doch wenn eine Witwe aus einer anderen Gegend kommt, müssen wir darauf bestehen, denn es ist nachweislich auch schon vorgekommen, dass sich Frauen fälschlicherweise als Witwen ausgegeben haben. 

Wenn alles vollständig ist, kommt der Antrag zu mir, ich lege die Bedürftigen in der Datenbank an, scanne alle Dokumente und lade sie hoch. Die Kurzbeschreibung ihrer Lebensgeschichte übersetze ich ins Deutsche und lege auch den Text in der Datenbank ab. 

Wann immer ich Zeit habe, setze ich das Foto und einen kurzen Text der Bedürftigen auf eine extra dafür eingerichtete Webseite. Um die Würde der Frauen zu wahren, mache ich sie nicht öffentlich. Der Link kann aber gerne bei mir angefragt werden. (mail@helpthepoor.de) In sehr dringenden Fällen, verschicke ich das einzelne Hilfegesuch auch über die Sozialen Medien.  

Zur Überwachung des Zahlungseingangs werden alle Zahlungen in eine Liste eingetragen. Wer am Ende eines Monats nicht gezahlt hat, dessen Witwe bekommt im folgenden Monat keinen Reis. Denn der Reis, der in diesem Monat bezahlt wird, ist für die Ausgabe zu Beginn des nächsten Monats. In den letzten Tagen eines Monats stelle ich die aktuelle Reisliste zusammen, deswegen ist es sehr hilfreich, wenn die Überweisungen bis zum 25. eingehen. 

Auch die Einmalzahler (für 12 Monate) habe ich immer im Blick, wann das Sponsoring zu Ende geht, um sie nach einer Erneuerung zu fragen.

Wenn das Geld auf dem Konto ist und nach Gambia transferiert wurde, kaufen wir zum Anfang des Monats den Reis beim Großhändler in der Hauptstadt und geben den Reis aus. Dafür haben wir ID-Karten erstellt. Einige von den älteren Reis-Witwen können ihren Reis nicht persönlich abholen, dann schicken sie Familienangehörige. Damit der Reis aber wirklich die richtige Person erreicht, brauchen die Abholer die Karte der Bedürftigen. 

Hin und wieder kommt es vor, dass einige Reissäcke nicht abgeholt werden. Die Gründe dafür sind meist Krankheit, oder wenn sie von weit kommen, kein Fahrgeld, um den Reis abzuholen. Das wird notiert, und nach dem dritten Mal nicht abholen wird verwarnt, beim vierten Mal wird die Witwe vom Reisprogramm ausgeschlossen. Das heißt, bei jeder neuen Liste achte ich auch darauf, und markiere es ggf auf der neuen Liste, damit meine Mitarbeiter Bescheid wissen. 

Doch wie weiter …

Wie ihr vielleicht sehen könnt, ist das Reisprojekt sehr umfangreich an seinen Aufgaben. Um die Not bei Sponsor, Verein und Witwe zu minimieren, stelle ich nun das Reisprojekt etwas um. So wird es künftig zwei Möglichkeiten geben, für das Reisprojekt zu spenden.

1. Mit Dauerauftrag spenden

Wie gehabt, kann man als Pate für eine bestimmte Witwe ausschließlich per Dauerauftrag in Höhe von monatlich 35€ pro Witwe spenden. Ich erkundige mich persönlich von Zeit zu Zeit nach dem Werdegang der Witwe und berichte der SponsorIn. Für die Witwe hat es den Vorteil, dass sie sicher jeden Monat Reis bekommt und die SponsorIn braucht sich nicht mehr weiter darum zu kümmern.

2. Der Reis Fonds

Für alle, die keinen Dauerauftrag oder einen kleineren Betrag spenden möchten, biete ich den Reisfonds an. Hier kann regelmäßig oder auch spontan mit selbstbestimmten Beträgen eingezahlt werden. Wir werden dann – auch spontan – einzelne Witwen aus dem Witwenfonds mit Reis beglücken. So haben vielleicht auch andere Witwen mal die Chance einen Sack Reis zu bekommen, und die SpenderInnen brauchen sich nicht zu verpflichten. Für die Spenderinnen bestimmt eine große Erleichterung, aber für die Witwen ein kleiner Unsicherheitsfaktor, ob sie im nächsten Monat Reis haben werden. 

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Der-Reisfonds-1-1024x1024.png

Nach einigen Monaten Erfahrung mit diesem dualen Konzept können wir ganz vorsichtig von einem kleinen Erfolg sprechen. Obwohl 14 SpenderInnen abgesprungen sind, konnten wir dennoch zehn Witwen durch den Witwenfonds halten. 

Das Reisprojekt ist eines unserer erfolgreichsten Projekte, es steckt so viel Segen darin und so viele gute Taten für die SpenderInnen. Eine arme Person zu speisen ist eine sehr ehrenhafte Aufgabe mit viel Belohnung. 

Möchtest du eine eigene Witwe unterstützen, schreibe mich bitte an. (mail@helpthepoor.de)

Ich schicke euch dann einen Link, auf dem ihr Witwen sehen könnt, die dringend Unterstützung brauchen. 

Oder überweise einen Betrag deiner Wahl auf unser Konto:

Help the poor and the needy e.V.

IBAN DE63 1002 0500 0003 2912 03 

VZ: WF0022



oder über unser Spendenformular

Ich danke euch von Herzen, entschuldigt bitte, dass ich so ins Detail gegangen bin, aber ich fand es wichtig, dass ihr auch mal das Treiben hinter den Kulissen kennenlernt.

Kleiner Tipp: Warum nicht mal eine Reisspende für eine arme Witwe verschenken. Die Urkunde dazu erstelle ich euch gerne.

%d